CD-Rezension Räume weiten Annette Kiesewetter

CD-Rezension ‘Räume weiten’ von Annette Kiesewetter

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Im musiktherapeutischen Alltag fragen Patient.innen öfter mal, nachdem sie Klangreisen live erlebt haben: „Haben Sie denn eine CD, die ich nutzen könnte für das, was ich eben hier bei Ihnen erleben konnte?“ Die CD der Orchestermusikerin und Musiktherapeutin Annette Kiesewetter aus Nürnberg könnte darauf eine Antwort sein: Eine CD „zum bewussten Lauschen mit Zeit und Raum“ – so steht es auf dem Umschlag.

 Diese Klangatmosphäre birgt die Möglichkeit zu tiefer Entspannung und tranceähnlichen Zuständen. Es können dabei vielfältige Bilder vor dem inneren Auge entstehen. (Aus dem Booklet)

Enthalten sind 18 Tracks, die teilweise ineinander übergehen (Track 1 bis 10) und so zu einem meditativen und entspannenden Hinhören einladen. Die Improvisationen sind überwiegend auf Instrumenten gespielt, die in der Musiktherapie zu diesen Zwecken üblich sind: Monochord, Klangspiele, Körpertambura, Metallröhren, Leier, Klangschalen, Zimbeln, Rainmaker, Oceandrum, HAPI Drum, Sansula, Djembe, kleinere Percussioninstrumente.

Improvisation mit Monochord über die dorische Kirchentonart (Ausschnitt Track 03, Dauer 0’35)

Die einzelnen Tracks, zwischen drei und acht Minuten lang, sind bewusst nicht mit Titeln versehen, die Klänge sollen die Hörer.innen zu eigenen Bildern anregen. So können Nutzer.innen eigene Titel / Bilder in die dafür vorgesehenen Zeilen notieren. Die einzelnen Stücke können „einfach so“ gehört werden, aber aufgrund der Struktur der Klänge auch zu eigenen Improvisationen zusätzlich anregen bis hin zur Tiefenentspannung und tranceähnlichen Situationen. Auch eigenes Summen oder Singen können die vorgegebenen Klänge ergänzen.

Die ersten zehn Tracks übertragen eine in sich stimmige, sich klanglich ergänzende und aufbauende Atmosphäre, die sowohl einzeln wie auch in Gruppen genutzt werden kann.

„Es gibt beim Monochord auch die Möglichkeit, durch Unterklemmen von Stimmstegen Tonskalen einzurichten. In den Traditionen der Weltmusik existieren unendlich viele verschiedene Skalen – viel mehr als nur unser „Dur“ und „Moll“. In dieser Aufnahme sind hintereinander beispielhaft zwei alte Kirchentonarten, dorisch und phrygisch, zu hören, danach ein Raga.“ (Aus dem Booklet)

Die jeweilige Dauer der einzelnen Improvisationen sind leider nicht im Booklet angezeigt, insgesamt sind Track 01 bis 10 etwa 45 Minuten lang. Die kurzen Pausen dazwischen können den ‚Atem-Sinn‘ auf nächste klangliche Varianten zuzulassen, um im laufenden Prozess weiter zu gehen. Track 9 vermittelt einen besonderen Klangcharakter: Hier kommt die Musikerin Kiesewetter ins Spiel mit ihrem ersten Beruf als Orchestermusikerin (Oboistin) am Staatstheater Nürnberg. Mit dem Englischhorn zu den Klängen einer Körpertambura entsteht so eine persönliche Note, die sich in die schlüssige Entspannungsumgebung sehr schön einbindet.

Improvisation mit Körbertambura und Englischhorn (Ausschnitt aus Track 09, 0’47)

Track 11 bis 14 bevorzugen eher rhythmisch gebundene Klangimprovisationen mit dem percussiveren musiktherapeutischen Instrumentarium. Die Nummern 15 – 17 enthalten von Annette Kiesewetter eingesungene kurze Lieder, ein Abend-, ein Morgenlied wie ein hebräisches Friedenslied. Zum Abschluss: ein Klangspiel – ein anderes als zu Beginn.  

Improvisation mit Schamanentrommel und Kleinpercussion (Ausschnitt aus Track 12, 0’30)

Annette Kiesewetter hat das gemacht, was insgeheim vielleicht viele Musiktherapeut.innen gerne machen würden: eine eigene musiktherapieinspirierte CD aufnehmen, um sie möglicherweise Patient.innen auf Nachfrage zur Verfügung stellen zu können. Die CD „Räume weiten“ könnte also eine Antwort darauf sein, dass Patient.innen eine in der Klinik gemachte nachdrückliche positive Erfahrung wiederholen können.

Im Booklet geht die Autorin (Musikerin, Musiktherapeutin) Kiesewetter auf die einzelnen Tracks ein, erklärt nicht nur die Instrumente oder einzelne Spielweisen, sondern gibt auch Hinweise zur Handhabung und möglichen Wirkung. Auf ergänzenden Bildern sind alle Instrumente einzeln zu sehen. Auf drei kleine Besonderheiten weist ein Bonus hin mit einer Einladung zur Schatzsuche, wer sie entdeckt erhält von der Autorin eine musikalische Überraschung…

Annette Kiesewetter.  Räume weiten – Musiktherapeutische Impressionen. CD, 66 Minuten, Eigenverlag, € 15,00 zzgl. 2 € Versandkosten bei: annette.kiesewetter@gmx.de

CD-Rezension Räume weiten Annette Kiesewetter
Picture of Volker Bernius

Volker Bernius

Volker Bernius, Studium der Theologie, Musik, Psychologie. Seit 1979 Redaktionsmitglied der Musiktherapeutischen Umschau, ab 1986 Chefredakteur, Beisitzer im Vorstand der Deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft: Von 1981 bis 2015 Bildungs-, Kultur- und Wissenschaftsredakteur Hessischer Rundfunk, Mitgründer und Fachbeirat der Stiftung Zuhören, Journalist, Autor, Herausgeber, Dozent.

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