David Aldrige

David Aldridge – ein Wanderer zwischen den Welten: Nachruf

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Am 6. März 2020 verstarb nach einer kurzen, schweren Krankheit 72-jährig unser Kollege David Aldridge.

David Aldridge hat die Entwicklung der Musiktherapie durch seine eigenen wissenschaftlichen Arbeiten, durch seine Arbeit mit Studierenden und mit DoktorandInnen maßgeblich mitgestaltet und geprägt.

Als Wanderer zwischen den Welten der Psychologie, der Medizin und der Musiktherapie verstand er seine Aufgabe als Übersetzer und Brückenbauer. Als Wanderer zwischen den Sprachen Deutsch und Englisch übersetzte er die Begriffe Wissenschaft als „Wissen schaffen“ und research als „search again“.

Mit der Musiktherapiedatenbank und der Online Zeitschrift Music Therapy Today, die er an seinem Lehrstuhl für qualitative Forschung in der Medizin an der Universität Witten/Herdecke erarbeitete, prägte er das Verständnis und den offenen Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen. So freigiebig er auf der einen Seite war, so dezidiert konnte er auf der anderen Seite seine Ansichten vertreten und polarisierte hierdurch gelegentlich.

Nach seinem Kunststudium bildete er sich zum Sozialarbeiter, zum Psychologen und  zum Forschungsmethodiker weiter, promovierte in England und machte sich schon vor seiner Tätigkeit für und in der Musiktherapie einen Namen in der Welt der ganzheitlichen Medizin. 1987 kam er über die Zusammenarbeit mit der englischen Musiktherapeutin Rachel Verney erstmals nach Herdecke. Hier habilitierte er und wurde Professor am Institut für Musiktherapie. Als Lehrer prägte er fortan eine Generation von Musiktherapeuten, als Wissenschaftler begleitete er zahlreiche DoktorandInnen, die heute an unterschiedlichen Stellen der ganzen Welt als ProfessorInnen tätig sind.

Eines seiner großen Verdienste ist der Brückenschlag in die europäischen Nachbarländer. Z.B. entwickelte er gemeinsam mit den KollegInnen der Universität Aalborg (Dänemark) ein Promotionsstudium, unterstütze die Studiengangsentwicklung in Krems und war in Scientific Bords zahlreicher internationaler Kongresse, nicht nur der Musiktherapie tätig.

Nach der Schließung des Musiktherapieinstitutes und seines Lehrstuhls an der Universität Witten/Herdecke war er Mitgründer des Nordoff/Robbins Zentrum Witten, von wo aus er seine Tätigkeit fortsetzte. Hier beriet er Kolleginnen und Kollegen bei wissenschaftlichen Vorhaben, begleitete im Hintergrund Bachelor- und Masterarbeiten und wirkte durch Literaturrecherchen, Stellungnahmen und Publikationen bis zu seiner Erkrankung Ende vergangenen Jahres an der Entwicklung unseres Faches mit.

Im Prozess der Fusion der deutschen Musiktherapieverbände stellte er sich für den wissenschaftlichen Beirat der DMtG zur Verfügung.

Mehrfach wurde David Aldridge für all seine Verdienste ausgezeichnet, war ein international gefragter Redner zu Themen der Musiktherapie, der Spiritualität und der wissenschaftlichen Fundierung nicht ärztlicher Therapieberufe.

David Aldridge hinterlässt in unserer überschaubaren Berufslandschaft eine große Lücke. Noch mehr fehlen wird er aber als Ehemann, als Vater, Großvater und Urgroßvater, als treuer Gefährte und guter Freund.

In vielen Erinnerungen, Schilderungen von Begegnungen und Erzählungen, die nun zu Tage treten werden, sind sicher viele dabei, die David vor allem als geselligen und lebensfreudigen Menschen erinnern werden, der Höhen und Tiefen des Lebens in einem vorbildlichen Gleichmut und Demut zu nehmen wusste – etwa seine Arbeitslosigkeit in England, den Verlust seines Lehrstuhls und nicht zuletzt seine rapide verlaufende Krankheit.

Es würde ihm sicher gefallen und entsprechen, wenn alle Freunde und Weggefährten kurz innehalten, ein Bier holen (vorzugsweise Guinness oder IPA) und auf seinen Abschied trinken.

David Aldridge, Foto: privat
David Aldridge, Foto: privat

 

Farewell and Cheers!

Lutz Neugebauer

Für alle, die Dr. David Aldridge noch einmal zuhören möchten:
http://thesciencenetwork.org/programs/music-science-medicine-at-the-new-york-academy-of-sciences/music-therapy-and-dementia

Header-Foto: WFMT

Picture of Lutz Neugebauer

Lutz Neugebauer

Prof. Dr. Lutz Neugebauer, Dipl. Musiktherapeut, appr. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut. Musikstudium an der Musikhochschule Aachen, dann Musiktherapie-Studium am Nordoff/Robbins Centre der City University London. Von 1988 -2005 leitete er zusammen mit einer Kollegin das Institutes für Musiktherapie der Universität Witten/Herdecke. 2005 gründete er gemeinsam mit D. Aldridge das Nordoff/Robbins Zentrum Witten (www.nordoff-robbins.org), in dem er seitdem tätig ist. Ehrenamt: Vorstandsvorsitz der DMtG, Beirat der Andreas-Tobias-Kind-Stiftung.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Anja Szczypek

    Als ich vor ein paar Jahren in der Musiktherapie ging traf ich zum ersten mal Hern Dr Aldridge ich fand Herrn Dr Aldridge sehr herzlich und fühlte mich gleich in der Musiktherapie aufgenommen die gegenüber mir seine Frau Therapiert hat ich fand Herrn Aldridge freundlich Herzlich aber auch ansprechend gegenüber Patienten sehr nett und hilfsbereit viele Patinten die ich kenne haben nur positives über Herrn Aldridge gesprochen und waren dankbar dass sie ihn geholfen haben Wäre Familie Aldridge nicht gewesen würde ich nicht positiv durch mein Leben gehen und werde diesen menschen in mein Gebet mit einschließen Herr Aldridge ich würde mir wünschen dass sie all diese Menschen im Himmel genau so mögen wie sie es bei uns getan haben ich stoße an auf ihr Wohl.

  2. Liebe Frau Szcypek, Sie sprechen mit Sicherheit vielen aus dem Herzen. Wer von uns David Aldridge nur als Autor kennt, gewinnt durch Ihrem Kommentar einen lebhaften Eindruck von ihm als Person und Therapeut. Vielen Dank dafür!

  3. Ingrid Reuther

    Lange habe ich nach einem Doktorvater/mutter für eine Dissertation über Qigong in der Medizin gesucht. Ich musste erfahren, dass es so etwas in Deutschland bislang nicht gab. Ich richtete eine Anfrage an die Universität Witten/Herdecke. Nach einer Weile kam ein Anruf zurück: von David Aldrigde, der am Telefon sagte: “Ich bin sehr interessiert.” Es fühlte sich an wie eine geöffnete Tür, ein Willkommen, nach all den anderen Absagen, dem Kopfschütteln, dem Achselzucken.
    Bei unserem ersten Treffen in Witten dann sagte er gleich: “Können wir duzen?”
    David war zwar kein Mediziner, hatte sich aber spezialisiert auf Studiendesigns bei komplementären Therapien. Ich hatte mir alles Mögliche überlegt. Er fragte aber: “Geht es auch bei Asthma?” Ich sagte, dass ich das schon denken würde. Da sich Asthma leicht messen ließe, wäre das eine gute Idee, fand er.
    So starteten wir ein Projekt, dass David als “Pionier-Arbeit” bezeichnete. Es gab bislang keine Dissertationen zu Qigong in Deutschland.
    Häufig war ich während der Arbeit frustriert, weil nicht alles so lief, wie wir uns das ausgedacht hatten und fuhr mit hängenden Ohren nach Herdecke. Es brauchte nur ein oder zwei Sätze von David und alles schien wieder machbar, meine Rückfahrt nach Hause war dann immer sehr fröhlich.
    Er stand fest an meiner Seite, auch als es Widerstände aus der eigenen Universität gegen so “eine alternative Sache” gab. Ja, zwischenzeitlich war die Dissertation sogar schon ausgeschlossen worden. David gelang es – ich wage es kaum zu erzählen – das Dissertationsverfahren am selben Tag wieder einzusetzen. Er hatte andernfalls mit seinem Rücktritt gedroht.
    Diese Erlebnisse mit David haben mich sehr nachhaltig beeindruckt, ja vielleicht sogar verändert. Ich war auch nicht mehr ganz jung, zum Zeitpunkt des Abschlussvortrags war ich 40 Jahre alt.
    Ich denke sehr gerne an diese für mich zwar sehr anstrengende, aber auch sehr spannende und erfüllende Zeit zurück. So viel Unterstützung zu erfahren war für mich schon sehr besonders. Ich bin David sehr dankbar. Diese Dankbarkeit hat mich in der darauffolgenden Zeit immer begleitet. Ich wurde zu Vorträgen und zu Kongressen (wegen der Ergebnisse der Doktorarbeit) eingeladen. Ich war sogar auf dem Welt-Qigong-Kongress in San Francisco 1997. David und ich haben dann im Journal for Alternative and Complementary Medicine unsere Arbeit veröffentlicht.
    Nach meiner Arbeit kamen noch drei weitere Qigong-Dissertationen unter David´s Anleitung in Witten/Herdecke zu Stande: Qigong bei Bluthochdruck (Ritter), bei Kopfschmerz und Migräne (Friedrichs) und in der Rehabilitation nach Hüftgelenksersatz .
    Ich habe mich danach als TCM-Ärztin und Qigong-Dozentin selbständig gemacht.
    Aus der Zeit mit David nehme ich mit: das Gefühl der Dankbarkeit, die Erfahrung der Machbarkeit auch ungewöhnlicher Wege, die unbeirrbare Suche nach Wahrheit und auch David´s Lachen.
    Ich erinnere viele Situationen, viele Sätze von ihm. Einer war: “Studien zeigen immer nur die halbe Wahrheit.”
    Danke David. Ich werde Dich weiterhin genauso in Erinnerung behalten.

    1. Liebe Ingrid Reuther, vielen Dank für diese Erinnerungen! Sie geben allen Lesern von Davids Veröffentlichungen ein wunderbares Bild von ihm als Mensch und Lehrer. Das Gefühl der Machbarkeit zu vermitteln, ist immer ein Zeichen von Größe.

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