Musiktherapie 360 Grad Forschungsprojekt in der Geriatrie SRH Heidelberg

Besser altern mit Musiktherapie – Forschungsprojekt abgeschlossen

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Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt „Musiktherapie 360°“ ist erfolgreich abgeschlossen: Sowohl Patient*innen als auch Angehörige und Pflegepersonal profitieren vom umfassenden Behandlungskonzept der SRH Hochschule Heidelberg.

Wissenschaftler*innen der SRH Hochschule Heidelberg haben herausgefunden, dass Musiktherapie über die eigentliche Zielgruppe hinaus Wirksamkeit zeigt: Bezieht man in das Behandlungskonzept nicht nur die Patient*innen ein, sondern auch Angehörige und Pflegemitarbeiter*innen, so profitieren alle Seiten davon. Dies ergab das Forschungsprojekt „Musiktherapie 360°“, das nach drei Jahren der Implementierung in der Pflegeheimat St. Hedwig in Heidelberg und im St. Marien- und St. Annastiftskrankenhaus in Ludwigshafen erfolgreich abgeschlossen wurde.

Gemeinsam musizieren fördert die Gesundheit

Musiktherapeuten der SRH Hochschule Heidelberg boten an zwei Tagen in der Woche den Bewohner*innen der geriatrischen Einrichtungen in Heidelberg und Ludwigshafen Musiktherapie in Einzel- oder Gruppensettings an. Die Therapie erfolgte im Zimmer, direkt am Bett der Bewohner/Patienten, aber auch während der Pflege, auf der Station oder in Gemeinschaftsräumen. „Hier standen gemeinsames Singen oder Musizieren und Improvisieren auf Instrumenten auf dem Stundenplan, zuweilen auch verbunden mit Sitztänzen und Bewegungsspielen“, erklärt Michael Keßler, Musiktherapeut an der SRH Hochschule Heidelberg.

Patient*innen und Pflegepersonal messen Musiktherapie hohen Stellenwert bei

Während des Projektes, das 2015 startete, wurden 182 Patient*innen/Bewohner*innen der Einrichtungen befragt, 79 Angehörige und 51 Mitarbeiter*innen. Auf einer Skala von 0 bis 10 äußerten sich die Projektteilnehmer*innen mit einem Wert von 8,6 sehr zufrieden mit der Musiktherapie, mit 8,9 Punkten halten sie sie auch für sehr sinnvoll. Der Stellenwert im Haus wurde mit 9,1 Punkten sehr hoch eingeschätzt, die Wirksamkeit mit 8,7 ebenfalls positiv bewertet. So profitieren die Patient*innen hinsichtlich ihrer Pflegebeziehung. Die Befragung der Mitarbeiter*innen zeigte eine signifikanten Abnahme des Burnout-Risikos und eine höhere Arbeitszufriedenheit.

Soziales Miteinander wird verstärkt

Das gemeinsame Singen aktiviert die Bewohner*innen/Patient*innen, die sehr rege an der Musiktherapie teilgenommen haben. „Auch nach der Musikstunde saßen sie häufig noch zusammen, sprachen miteinander und berichteten ihren Angehörigen davon“, sagt Andreas Lauer, Leiter der Pflegeheimat St. Hedwig. Das bestätigen auch die Bewohner*innen selbst: „Das Gejammer lässt nach.“ Überraschend textsicher sangen so selbst demente Bewohner*innen des Hauses vertraute Lieder mit, oft sehr zum Erstaunen von Pflegepersonal oder Angehörigen

Die Mitarbeiter*innen sehen, dass die Musiktherapie eine emotionale und körperliche Aktivierung bei den Bewohnern bewirkt: „Sie unterstützt Patienten im Umgang mit Krankheits- und Alterungsprozessen.“ Die Patienten klingelten seltener nach den Mitarbeitern und gönnten ihnen damit mehr Ruhepausen – so erleichterte die Musiktherapie auch die gesamte Pflegesituation. „Auch die Mitarbeiter summten gelegentlich vor sich hin“, bemerkt Andreas Lauer und veranschaulicht damit die stimulierende Wirkung der Musiktherapie auch auf das Pflegepersonal.

Die Angehörigen erleben die Patienten/Bewohner häufig aktiver als sonst und entdecken, welche Ressourcen noch in ihnen schlummern. So wirkt die Musiktherapie auch auf die Angehörigen beruhigend und entlastend, denn sie haben das Gefühl, dass die Bewohner*innen auch ein wichtiges emotionales und soziales Angebot erhalten.

„Es wurde vielfach der Wunsch geäußert, das Projekt fortzusetzen“, berichtet Projektleiter Prof. Dr. Thomas Hillecke von der SRH Hochschule Heidelberg. „Unsere Studierenden und Dozenten arbeiten weiterhin sehr eng mit der Pflegeheimat St. Hedwig zusammen, auch in der Physio- und Ergotherapie. Unseren Studierenden, die auch über das Projekt Musiktherapie 360° Bachelorthesen geschrieben haben, schätzen diese Praxisnähe und direkte Zusammenarbeit sehr. Die Erfahrungen hier fließen ein in den wissenschaftlichen Fortschritt.“

Im Rahmen des Projekts wurde auch ein Beratungskonzept für geriatrische Einrichtungen (Kliniken, Alten- und Pflegeheime) entwickelt. Bei Interesse, Musiktherapie an ihrem Haus zu etablieren, können sich die Einrichtungsleiter an die SRH Hochschule Heidelberg wenden (therapiewissenschaften@srh.de). Von hier aus wird u.a. über das Netzwerk ALMUTH eine Vor-Ort-Begehung sowie ein individuelles, auf die spezifischen Bedürfnisse der Einrichtungen zugeschnittenes Musiktherapie-Konzept erstellt.

Demnächst erscheint aus den Ergebnissen des Forschungsprojekts auch ein Praxishandbuch zur Musiktherapie in der Geriarie in deutscher und englischer Sprache.

Quelle: SRH Hochschule Heidelberg.

Copyright Header-Foto: pxhere.

Dorothee von Moreau

Dorothee von Moreau

Diplom-Psychologin, Musiktherapeutin, Psychologische Psychotherapeutin. Professorin für Theorie und Praxis der Musiktherapie an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, Leitung des Instituts Musiktherapie.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Karin Friedwagner

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    Ich mache gerade einen Masterlehrgang an der Donau Universität in Krems und werde meine Masterarbeit über Musiktherapie bei Menschen mit Demenz schreiben (näher über Erfahrungsberichte von ausgebildete Musiktherapeuten/Innen). Können Sie mir weiterhelfen bez. Literaturrecherche, relevante Studien, welche Fragebögen dazu am besten geeignet sind.
    Ich möchte mich gleichmal im Voraus herzlichst Bedanken.

    Mit freundlichen Grüßen
    Karin Friedwagner

  2. Sehr geehrte Frau Friedwagner, vielen Dank für Ihren Kommentar. Im Beitrag ist die Webseite des Netzwerks ALMUTH verlinkt: http://almuth.net/ . Hier können Sie viele Informationen und Kontakte finden!

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