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Steckbrief For­schung.
REFLE_ACT: Musik­the­ra­pie im Kontext von sozialer Un­gleich­heit

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REFLE_ACT. Formulierung von Anforderungen und Potenzialen für die Musiktherapie im Kontext von sozialen Ungleichheitsverhältnissen und psychischer Gesundheit

Keywords

Musiktherapie, soziale Ungleichheit, Marginalisierung, unterschiedliche Perspektiven, Grounded Theory

Julia Fent, Musiktherapie Steckbrief Forschung

Um Musiktherapie inklusiver, sozial gerechter und nachhaltiger zu gestalten, bedarf es einer Auseinandersetzung und Beschäftigung mit sozialen Ungleichheitsverhältnissen und deren Mitdenken als Einflussfaktor auf psychische Gesundheit.

Das Forschungsprojekt RefleAct leistet dazu einen Beitrag.

Allgemeine Angaben

Projektleitung 
Julia Fent

Beteiligte Personen
Monika Marik, Alexia Astreinidi-Blandin

Institution
WZMF – Wiener Zentrum für Musiktherapie-Forschung an der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien

Email
fent@mdw.ac.at

Zeitlicher Rahmen
Projektabschluss 31. Juli 2024 (Dauer: 17 Monate)

Rahmen der Arbeit
Forschungsprojekt

Form der Arbeit
Qualitative Studie

Förderung
Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft (DMTG)

Hintergrund

Soziale Ungleichheiten durchziehen alle Bereiche einer Gesellschaft. Sie führen auch dazu, dass Personen Diskriminierung erfahren, etwa aufgrund rassistischer Zuschreibungen oder Zuschreibungen basierend auf Geschlecht, Sexualität, Herkunft, sozialer Stellung oder einer Behinderung. Diskriminierung ist für die Betroffenen belastend und kann die Entstehung psychischer Erkrankungen begünstigen. Damit Therapie ein safe(r) space für Menschen mit Diskriminierungserfahrungen sein kann, ist das Bewusstsein der Therapeut:innen über diesen gesellschaftlichen Einfluss auf psychische Gesundheit bedeutsam. Im Projekt „REFLE_ACT“ wurde erforscht, wie ein erhöhtes Bewusstsein über diese Zusammenhänge die musiktherapeutische Praxis bereichern kann.

FORSCHUNGSFRAGEN

  • Welchen Stellenwert messen Musiktherapeut:innen Faktoren sozialer Ungleichheit bzw. Diskriminierung in der Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Erkrankungen bei?
  • In welcher Weise werden Faktoren sozialer Ungleichheit im konkreten musiktherapeutischen Tun berücksichtigt?
  • Wie werden Marginalisierung und der Umgang damit über verschiedene künstlerische Praktiken verhandelt?
  • Wie kann ein Bewusstsein über gesellschaftliche Ungleichheit adäquat in der musiktherapeutischen Praxis implementiert werden?
  • Welche Aspekte sind übergreifend für verschiedene Formen von Marginalisierung relevant, welche jedoch spezifisch für einzelne?

Methode

In das Forschungsprojekt flossen über die Datenerhebung drei unterschiedliche Perspektiven ein: In einer Online-Umfrage und einer darauffolgenden Fokusgruppe wurde erfasst, inwiefern Musiktherapeut:innen gesellschaftliche Dimensionen psychischer Gesundheit berücksichtigen, wie sie mit Diskriminierungserfahrungen von Klient:innen umgehen und welchen Zusammenhang sie zwischen Musik und sozialer Ungleichheit sehen. In Interviews mit Personen, die im Rahmen künstlerischer Praktiken mit Menschen mit Diskriminierungserfahrungen arbeiten, wurde der Frage nachgegangen, wie das Thema der Marginalisierung im künstlerischen Tun verhandelt wird. In Fokusgruppen mit Personen, die im psychosozialen Bereich mit verschiedenen marginalisierten Gruppen arbeiten, wurden Gemeinsamkeiten und Unterschiede verschiedener Marginalisierungsformen und die Vielfältigkeit beraterischer und therapeutischer Umgangsweisen damit beleuchtet. Als Forschungszugang war die Grounded Theory leitend, weswegen Datenerhebung und -auswertung miteinander verzahnt in einem zyklischen Vorgehen geschahen; an einzelnen Punkten wurde mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.

 Ergebnisse

Unter Musiktherapeut:innen besteht eine große Bandbreite hinsichtlich der Berücksichtigung gesellschaftlicher Gegebenheiten in der Arbeit. Sowohl der aktive Einbezug als auch das bewusste Außen-vor-Lassen werden über die persönliche Einstellung, die therapeutische Haltung, die spezifische Klientele oder das Setting begründet. Die Ähnlichkeiten und Unterschiede in der gesellschaftlichen Positionierung von Therapeut:in und Klient:in stellen einen wesentlichen Einflussfaktor dar und haben je nach Diskriminierungsform oft unterschiedliche Bedeutungen – unter gewissen Umständen geben ähnliche Erfahrungshintergründe Sicherheit, manchmal ist es aber gerade die Nicht-Zugehörigkeit zur eigenen Community, die gewünscht wird. Künstlerisches Tun im Kontext von Marginalisierung verfolgt Ziele wie persönliches und community-bezogenes Empowerment und/oder die Veränderung gesellschaftlicher Strukturen.

Diskussion

Das Mitdenken und das aktive Einbeziehen von gesellschaftlicher Ungleichheit werden von Musiktherapeut:innen als durchaus fordernd und voraussetzungsvoll erlebt. Dies stellt an musiktherapeutische Ausbildungen die Anforderung, Studierende auch auf diesen Teil der Berufs- und Lebensrealität adäquat vorzubereiten. Besonders vielversprechend erscheinen in diesem Kontext Spezifika der Musiktherapie als künstlerische Therapie: Musik dient dabei als stärkendes und verbindendes Element sowie als Ausdrucksmedium, ist jedoch nie neutral oder jenseits gesellschaftlicher Bewertung. In der adäquaten konkreten Umsetzung dieses spezifischen Potenzials ist die Expertise von Personen hilfreich, die in ihrer künstlerischen oder aktivistischen Tätigkeit Marginalisierung – meist auf Basis eigener Erfahrungen – thematisieren. Deren Haltungen, Fokusse und Vorgehensweisen können einer diskriminierungskritischen Musiktherapie als Impulse dienen und auch den Blick darauf lenken, wie das eigene Tun nicht nur auf individueller, sondern auch auf gesellschaftlicher Ebene Veränderungen herbeiführen kann.

Ausblick

In diesem Projekt kamen Perspektiven von Therapeut:innen, Berater:innen und Künstler:innen mit oder ohne eigene Erfahrung von Marginalisierung zur Geltung. Im Projekt waren jedoch keine Musiktherapie-Klient:innen eingebunden. Deren Sichtweisen könnten also in einem Nachfolgeprojekt, welches idealerweise partizipativ gestaltet wäre, im Zentrum stehen, um noch reichhaltigere Ergebnisse zu erzielen bzw. deren Relevanz aus Klient:innen-Sicht zu erforschen.

Eigene Veröffentlichungen

Fent, J. (2023). REFLE_ACT: Formulierung von Anforderungen und Potenzialen für die Musiktherapie im Kontext von sozialen Ungleichheitsverhältnissen und psychischer Gesundheit. Poster bei der „35. werkstatt für musiktherapeutische forschung“, Augsburg, Deutschland. www.mdw.ac.at/upload/MDWeb/wzmf/downloads/werkstatt_Poster_REFLEaCT.pdf

Fent, J., Astreinidi-Blandin, A., & Marik, M. (2024). REFLE_ACT: Formulating requirements and potentials for music therapy in the context of social inequalities and mental health. Poster bei der „11th Nordic Music Therapy Conference“, House of Music, Aalborg, Dänemark. www.mdw.ac.at/upload/MDWeb/wzmf/downloads/NMTC_Poster_REFLEaCT.pdf

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Ist eine Veröffentlichung garantiert?

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Ich habe bisher keinen Forschungssteckbrief verfasst und habe auch sonst noch keine Erfahrung damit, in Fachzeitschriften zu veröffentlichen.

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Was habe ich davon, den Steckbrief zu erstellen?

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Julia Fent

Julia Fent ist Musiktherapeutin, Sängerin und hat ein Doktorat in Gender Studies. Sie ist Senior Scientist am WZMF – Wiener Zentrum für Musiktherapie-Forschung der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen diskriminierungs- und machtkritische Perspektiven in der Musiktherapie, soziale Ungleichheit sowie qualitative und partizipative Forschungsansätze.

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