Wenn die beiden Musiktherapeutinnen Christine Back und Ulrike Haffa-Schmidt in Nürnberg ins Kino gehen, setzen sie ab und zu ihre Musiktherapeutenbrille auf. Dabei entdecken sie immer wieder interessante Berührungspunkte zu ihrem Berufsfeld.
Unsere Herzen - Ein klang
- Filmstart: 22. September 2022
- Dauer: 108 Minuten
- Regie: Torsten Striegnitz, Simone Dobmeier
- Genre: Dokumentarfilm, Musikfilm
- Produktionsland: Deutschland
Frei nach Loriot: „Ein Leben ohne Singen ist möglich, aber sinnlos“
Es ist kein Zufall, dass wir schon wieder einen Film vorstellen, bei dem es zentral um das Singen und unsere Stimme geht.
Und es ist auch kein Zufall, dass so viele Musiktherapeutinnen und Musiktherapeuten Chöre leiten und in Chören singen.
Der Film Unsere Herzen-ein Klang stellt die allesamt fantastischen, charismatischen, und hochprofessionellen Chorleiterinnen Judith Kamphues und Hyunju Kwon und den Chorleiter Simon Halsey ins Zentrum der Dokumentation. Wir begegnen ihnen auf internationalen Chorfestivals, an Musikhochschulen bei der Arbeit mit Studierenden, mit Laien- und Profichören und in Interviews. Es ist interessant, wie unterschiedlich sie als Künstler sind und wie unterschiedlich sie mit ihren Chören arbeiten.
Gänsehaut bekomme ich bei den Filmszenen, wenn ich die Chöre singen höre. Die Chorwerke sind toll (alle während des Films und im Abspann zu lesen) und machen mir Lust, sie zuhause nochmal nachzuhören. Die sichtbare Freude am Singen beglückt mich auch als Zuhörerin. Gerne hätte ich mehr von den Chören und weniger von den Chorleitern mitbekommen, aber das mag eine Auswirkung der Coronapandemie sein. Die Dokumentation beginnt im Jahr 2019 mit Szenen von einem internationalen Chorfestival in Hannover. Wir spüren und sehen die tiefe Freude, die alle beim Singen empfinden und verstehen, dass das die Wirkung der Musik, des gemeinsamen Singens und des Verschmelzens beim Singen ist. Wir erleben die Dirigentin Hyunju Kwon mit ihrem Professor und beim Dirigierwettbewerb und begleiten die sympathische „Queen of the Warm-up“ Judith Kamphues zum Unterricht an der UdK und zu Proben eines Laienchors. Wir erleben den Zauberer Simon Halsey bei der Vorbereitung eines Mammutprojektes in New York mit 1000 Sänger:innen und eines eigens für diesen Anlass komponierten Werkes des Komponisten Jonathan Dove. Die Vorbereitungen laufen, doch von einem Tag auf den anderen herrscht Stillstand und Stille. Mit jedem Monat sinkt die Hoffnung, dass sich das bald ändern wird. Was für eine Einsamkeit und ein Gefühl des Mangels bei den Dirigent:innen und Chorsänger:innen! Und das ist leider auch das Manko des Films: er beginnt mit süchtig machenden Chorszenen, die aufgrund der Pandemie nicht mehr weitergedreht werden konnten und wenn, dann nur sehr vorsichtig unter den frustrierenden Pandemiebedingungen.
Wir alle haben diesen Mangel in den letzten zwei Jahren erlebt: von den Klinikleitungen ausgesprochenes Singverbot in der Musiktherapie, keine Probe mit dem Demenzchor, kein circle singing, kein Mitarbeiterchor und nur manchmal ein vorsichtiges Summen hinter der FFP2-Maske. Wir mussten erleben, wie die Qualität unserer Arbeit darunter gelitten hat, wie uns selber das Singen in der Gemeinschaft gefehlt hat und wie es sich in diesen Sommer angefühlt hat, wieder zu SINGEN.
Fazit: Anschauen, sich freuen und singen