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Music and Mind: Webinar-Reihe der Sopranistin Renée Fleming

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Durch die Covid-19 Pandemie ist in diesem Jahr alles anders. Ich hatte geplant, Ende April eine Woche nach New York zu reisen und dort unter anderem einen Liederabend mit der amerikanischen Starsopranistin Renée Fleming zu besuchen. Die Karten hatte ich lange vorher gebucht. Doch dann kam alles anders. Corona veränderte unser aller Leben und Pläne.

In der Zeit des Lockdowns entdeckte ich auf der Facebook-Seite von Renée Fleming ihr Webinar ‘Music and Mind’, eigentlich auf der Suche nach weiteren Konzerten mit ihr. Die Sopranistin interessiert sich bereits seit vielen Jahren für die Wirkung von Musik auf uns Menschen und trat dazu bereits mehrfach in Podiumsdiskussionen auf. Seit längerem suchte sie ein Format, um ihre Erkenntnisse einem breiten Publikum zur Verfügung zu stellen. Der auch in den USA verfügte Lockdown war der Anlass für sie, dieses Projekt zu verwirklichen.

Renée Fleming entwickelte in Zusammenarbeit mit dem Washingtoner Kulturzentrum Kennedy Center das Webinar-Format ‘Music and Mind’.

Im Zusammenarbeit mit dem Kennedy Center entwickelte sie ein wöchentliches Onlineformat. Über ihre Facebook-Seite gibt es zwei Staffeln mit insgesamt 19 Folgen des Webinars ‘Music and Mind’. Die letzte Folge fand am 21. Oktober 2020 statt. Ihr Publikum schaute weltweit live zu und erreichte dabei schnell sechsstellige Werte. Am Ende jeder Folge wurden Fragen von Zuschauer.innen beantwortet.

Das Webinar besteht aus Live-Interviews über Facebook, in denen komplexe Themen gut verständlich und anschaulich erklärt werden. Hinweise zu Studien und Büchern gehören ebenfalls dazu. Alle Folgen sind weiterhin über ihre Facebook-Seite abrufbar, oder auch bei Youtube. Das Themenspektrum ist breit gefächert. Renée Fleming reagierte auf das veränderte Leben unter Corona-Bedingungen und nahm brandaktuelle Themen mit auf.

Vivek H. Murthy: Together. Ein erhellendes und berührendes Buch zum richtigen Zeitpunkt.

Ihr erster Gast im Mai war der amerikanische Arzt Vivek H. Murthy. In der Zeit der Regierung von Barack Obama leitete er als ‚Surgeon General‘ die oberste amerikanische Gesundheitsbehörde. In den ersten sechs Monaten seiner Amtszeit reiste er durch das Land und fragte die Menschen nach ihren Sorgen und Nöten. Durch alle Gesellschaftsschichten hindurch kristallisierte sich das Thema Einsamkeit heraus. Aus den vielen persönlichen Gesprächen mit Bürger.innen und Wissenschaftler.innen entstand sein Buch „Together. The Healing Power of Human Connection in a Sometimes Lonely World“ – erschienen im April 2020 bei Harper Wave. Ein wirklich erhellendes und berührendes Buch zum richtigen Zeitpunkt. Wissenschaftlich fundiert und versetzt mit persönlichen Geschichten von Menschen, die er getroffen hat. Mir hat das Buch geholfen, Menschen in meiner Arbeit noch besser zu verstehen und unterstützen zu können.

Patient.innen nach der Improvisation: Ich hab gar nicht nachgedacht.

Beeindruckt hat mich auch eine Studie von Charles Limb in Folge 2. Er ließ eine Jazzsängerin im MRT improvisieren und stellte fest, dass der präfrontale Cortex während des Improvisierens nicht aktiv war. Eine für mich hilfreiche Erklärung, warum Patient.innen nach einer Improvisation manchmal erstaunt sagen: „Ich hab gar nicht nachgedacht.“

Und natürlich kommen Musiktherapeut.innen und die Musiktherapie zu Wort. Unter anderem in den Folgen:

05 – Wirkung von Musik auf das Wohlbefinden
10 – Musik- und Kunsttherapie in der Behandlung von Soldat.innen nach Traumatisierungen
17 – Musik und Emotionsregulation
18 – Schmerz und seelische Gesundheit.

Ein unschätzbarer Fundus an Material.

Weitere Themen sind Parkinson, Alzheimer, Wirkung von Musik auf die Entwicklung des Gehirns, Musik mit Kindern im Lockdown, neueste neurologische Studien zur Musikverarbeitung und natürlich viele Aspekte, die die Stimme und das Singen betreffen. Ein wie ich finde unschätzbarer Fundus an Material, der uns hier im deutschsprachigen Raum bisher sicher wenig bekannt ist.

Allen, die Renée Flemming noch nie singen gehört haben, empfehle ich ihre Aufnahmen mit Werken von Richard Strauss. Zum Beispiel diesen Mitschnitt von den Salzburger Festspielen mit Christian Thielemann aus dem Jahr 2011. Ich hatte das Glück, Renée Flemming live in der Dresdner Staatsoper in Capriccio von Richard Strauss erleben zu können. Ein für mich bis heute unvergessener Abend.

Quelle Header-Grafik: https://www.facebook.com/watch/ReneeFlemingMusic/268544960891828/

Tobias Kranz

Tobias Kranz

Tobias Kranz studierte Orchestermusik im Fach Oboe in Berlin (UdK) und Frankfurt (HfMDK), Musiktherapie an der WWU Münster und promoviert seit Herbst 2022 an der HfMT Hamburg im Fach Musiktherapie. Er arbeitet seit mehr als zehn Jahren in der Psychiatrie, derzeit in der LVR Universitätsklinik Essen mit stationären und tagesklinischen Patient:innen, ist Sprecher des Fachforums Musiktherapie im LVR und Mitglied des Berufsständischen Beirats der Deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Ilse Wolfram

    Lieber Tobias, soeben habe ich eine mir unbekannte Seite an Dir entdeckt. Du bist wie ich sehr angetan von Renée Fleming. Ich hörte sie bei der Inaugurationsfeier für Barack Obama vor dem Weißen Haus singen, und einmal hier in Bremen mit Strauß-Liedern. Einfach wunderbar zum Hören und Sehen.
    Eigentlich wollte ich Dir schreiben, wie sehr mir Dein Gastauftritt bei der BIM-MV am 13.11. gefallen hat. Du hast die so wichtige Initiative von BAG KT/DMtG überzeugend und klar vertreten. Mit einigen weniger Überzeugten hier, daß es eine “zertifzierte Masse” braucht, haben wir noch zu arbeiten. Vielen vielen Dank und Gruß! Ilse

  2. Volker Bernius

    Renée Fleming wurde zusammen mit der Opernsängern Pretty Yende (Südafrika) Ende Mai anlässlich der 76. Jahresversammlung zur Goodwill-Botschaftern der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ernannt. Ihre vielfältigen Aktivitäten um den Bereich “Musik und Gesundheit” werden so anerkannt. Die WHO-Initiative “Arts and Health” ist noch relativ neu, sie arbeitet zusammen mit der EU-Initiative “cultureforhealth”. In meinem Editorial “Kultur und Gesundheit – Blick nach Europa” für die Musiktherapeutische Umschau 02-23 habe ich diese Aktivitäten kurz skizziert: https://www.musiktherapie.de/wp-content/uploads/2023/06/MU_2023_02_01_Editorial-Volker-Bernius-Kultur-und-Gesundheit.pdf (siehe auch bei http://www.musiktherapie.de/Publikationen/preview). In den Notizen MU 02-23 heißt es dazu:

    Zur Person
    Renée Fleming | Pretty Yende zu WHO-Botschafterinnen ernannt: Kultur und Gesundheit
    Die beiden international bekannten Opernsängerinnen Renée Fleming (USA) und Pretty Yende (Südafrika) wurden im Rahmen der Feierlichkeiten zum 75. Jahrestag der WHO während der 76. Weltgesundheitsversammlung in Genf vom 21. – 30.05.2023 zu WHO-Goodwill-Botschaftern für den Bereich Arts and Health (Kultur und Gesundheit) ernannt, als erste Botschafterinnen zu diesem Thema. Beide weltweit bekannten Sopranistinnen wurden aufgrund ihres Einsatzes für eine bessere Gesundheitsversorgung durch künstlerische Mittel ausgewählt. Dr. Tedros Adhanom Gehebreyesus, Generaldirektor der WHO: „Die WHO fühlt sich geehrt, Renée Fleming und Pretty Yende als Goodwill-Botschafterinnen für Kultur und Gesundheit zu gewinnen.“ Ihr Engagement für die Künste und für die Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden machten sie zu „idealen Botschaftern für dieses wichtige Anliegen“, teilt die WHO in einer Pressemeldung vom 23.05.2023 mit. Zivilgesellschaft wie auch politische Entscheidungsträger in Ländern, Städten und Kommunen sollten dazu inspiriert werden, „die transformative Kraft der Künste für eine bessere Gesundheit für alle zu erkennen und zu nutzen“. Beide, Fleming wie Yende, bringen entscheidende Vorerfahrungen und Fachwissen in ihr neues Engagement ein: Fleming als Verfechterin der Forschung an der Schnittstelle von Kultur und Gesundheit, ihre weltweiten Präsentationen mit Wissenschaftlern und Praktikern, ihre führende Rolle bei wichtigen Initiativen und ihre bisherige Zusammenarbeit mit der WHO: „Ich bin hocherfreut, dass die führende globale Gesundheitsbehörde die kraftvolle Wirkung von Kunst und Kultur auf die Gesundheit anerkennt… täglich offenbaren Fortschritte in der Neurowissenschaft und der klinischen Forschung mehr über den Nutzen von Künstlerischen Therapien, von praktischen Erfahrungen und kultureller Bildung, die sich auf das Wohlbefinden im Laufe eines Lebens auswirken. Wir haben jedoch gerade erst begonnen, das erstaunliche Potenzial dieser Arbeit zu erkennen und ich freue mich darauf als Goodwill-Botschafterin das Bewusstsein und den Zugang dazu zu erweitern“, sagte Fleming. Bei Pretty Yende, so die WHO, passte ihre Leidenschaft die heilenden Aspekte der Musik zu vermitteln und ihr Engagement für soziale Zwecke perfekt zur WHO-Agenda „Kultur und Gesundheit“. Sie zeigte sich hocherfreut über die Ernennung: „Ich hoffe, dass ich dazu beitragen kann, eine Grundlage für die weitere Erforschung der Künste als grundlegender Bestandteil zur Verbesserung unseres körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens zu schaffen.“ Yende bedankte sich dafür, dass die WHO neue Forschungen für den Zusammenhang von Arts and Health entwickle. Nach Auskunft der WHO unterstreichen die Ernennungen der Goodwill-Botschafterinnen die enge Verbindung zwischen Kultur/Kunst und Gesundheit. Die Beschäftigung mit künstlerischen, kreativen Aktivitäten wie Musik, Kunst und Tanz, wirke sich positiv auf die körperliche, geistige Gesundheit aus, auf das soziale Wohlbefinden und die allgemeine Lebensqualität. Die WHO ist überzeugt, dass die Botschafterinnen Renée Fleming und Pretty Yende die Integration der Künste in das Gesundheitssystem fördern, sich für den Zugang zu Künstlerischen Therapien einsetzen und die Bedeutung des künstlerischen Ausdrucks für die Gesundheitsversorgung weltweit hervorheben.
    Quelle: https://www.who.int/news/item/23-05-2023-renowned-artists-renee-fleming-and-pretty-yende-appointed-as-who-goodwill-ambassadors-for-arts-and-health?fbclid=IwAR1BtHk0Ja0YaD1tfIb76JUjAhjd1-Te_F51HBbvIGv44GI_hjjZEyg_Qnk

    ©VB 230524

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