Berlin, 27. Mai 2024
Die Potenziale gesundheitsfördernder kultureller Angebote besser zu nutzen und mit gesetzlichen Regelungen für die Künstlerischen Therapien in Deutschland zu koordinieren, darüber diskutierten Bundestagsabgeordnete und Mitarbeitende verschiedener Fraktionen zusammen mit Experten der Künstlerischen Therapien bei einem Parlamentarischen Frühstück im Deutschen Bundestag. Dazu eingeladen hatten die Bundestagsabgeordneten Emmi Zeulner (CSU, Mitglied im Gesundheitsausschuss) und Dr. Christiane Schenderlein (kulturpolitische Sprecherin der CDU) in Verbindung mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Künstlerische Therapien und der Deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft.
Emmi Zeulner, MdB, erinnerte daran, dass die Folgen von Corona vor allem auch bei Kindern und Jugendlichen zum Teil erst jetzt sichtbar würden und noch nicht systematisch aufgearbeitet sind. Kulturelle Aktivitäten wie Musik, Tanz, Kunst seien wertvolle Elemente, um seelische Gesundheit zu fördern und Menschen in psychischen Krisen zu unterstützen. „Gesundheit und Kultur“, so das Mitglied des Gesundheitsausschusses, „müssen wir zusammenbringen – mehr als bisher“. Dr. Christiane Schenderlein, kulturpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Bundestag, betonte, dass es einen großen Bedarf an therapeutischer Unterstützung gebe, auch mit Mitteln der Kultur; deshalb sei es sehr naheliegend, Kultur mit der gesundheitspolitischen Seite zu verbinden. Auch die Kulturinstitutionen hätten hier eine bedeutende Rolle, die sie zunehmend erkennen.
Fotos: Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Parlamentarischen Frühstücks „Kultur und Gesundheit – Potenziale der Künste und der Künstlerischen Therapien“. © Fotos: Büro MdB Zeulner
Aus Brüssel zugeschaltet informierte Sabine Verheyen, die Vorsitzende des EU-Ausschusses für Kultur und Bildung, über die aktuellen europäischen Initiativen der EU für psychische Gesundheit im Rahmen des 2023 verabschiedeten Aktionsplans Mental Health. Die psychische Gesundheit wird der körperlichen Gesundheit gleichgesetzt. Aufgrund bisheriger Erfahrungen in einigen Ländern sieht Verheyen in der Verbindung von „Kultur und Gesundheit“ die Möglichkeit die vorhandenen Ressourcen in Gesundheits-, Sozial- und Kulturpolitik gemeinsam stärker als bisher einzusetzen:
„Vielfältige Belege und praktische Beispiele etwa aus den nordischen Ländern, aber auch aus Spanien oder Italien zeigen eine positive und vielversprechende Wirkung der kreativen Ansätze. Darüber hinaus helfen sie Einsamkeit und soziale Isolation zu überwinden und zur Entstigmatisierung beizutragen“.
Gerade bei der Früherkennung und der Bewältigung von psychischen Erkrankungen seien kulturelle Angebote besonders hilfreich. Verheyen bedauerte, dass sich Deutschland derzeit noch nicht am interministeriellen Austausch – als eines von ganz wenigen EU-Ländern – bei den gemeinsamen Konferenzen zu „Kultur und Gesundheit“ im Rahmen des Kulturplans der EU 2023 – 2026 beteilige.
Diese Schwachstelle kritisierte auch Beatrix Evers-Grewe, Vorsitzende des Dachverbandes, der Bundesarbeitsgemeinschaft Künstlerische Therapien (BAG KT). Sie zeigte sich davon überzeugt, dass Deutschland von einer Teilnahme nur profitieren könne:
„Deutschland kann von den Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern lernen, weil dort die gesundheitsfördernde Kulturarbeit insgesamt besser mit den bereits vorhandenen therapeutischen Versorgungsangeboten koordiniert ist“.
In Deutschland seien die Künstlerischen Therapien zwar seit Jahrzehnten im klinischen stationären Sektor geschätzt und etabliert und in vielen medizinischen Leitlinien verankert, aber nicht gesetzlich geregelt:
„So gibt es enorme Lücken in der Versorgung vor allem für die Menschen, die von sprachlich orientierten Therapien nicht erreicht werden, zum Beispiel bei Kindern, Menschen mit Schlaganfällen oder demenziellen Erkrankungen, bei psychosomatischen Leiden oder Traumata und bei Menschen mit Kriegs- und Fluchterfahrung.“
Evers-Grewe setzt sich deshalb für eine gesetzliche Regelung der Künstlerischen Therapien ein. Der aktuell hohe und wachsende Psychotherapie-Bedarf könne dadurch in der ambulanten Versorgung in Prävention, Behandlung und Nachsorge unterstützt werden, „damit auch sozioökonomisch benachteiligte Menschen erreicht werden können“.
Prof. Dr. Lutz Neugebauer, Vorsitzender der Deutschen Musiktherapeutischen Gesellschaft ergänzte:
„Das Querschnittsthema „Kultur und Gesundheit“ ist derzeit in verschiedenen Ministerien angesiedelt, die alle ihre eigenen Projekte in den Teilbereichen Inklusion, kulturelle und soziale Teilhabe oder Integration durchführen. Nur bei der Nationalen Demenzstrategie kooperieren drei Ministerien miteinander“.
Neugebauer appelliert deshalb an die Verantwortlichen die längst durch WHO und EU belegten Erkenntnisse bei der Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden durch künstlerische Aktivitäten auch als ein gemeinsames Thema anzugehen:
„Letztlich geht es dabei um die Sicherheit für Patientinnen und Patienten und um die Qualitätssicherung der therapeutischen Arbeit. Hier ist der Gesetzgeber in der Pflicht, neue Professionen im Gesundheitswesen wie die Künstlerischen Therapien gesetzlich zu verankern.“
In ihrem Schlussstatement hob Emmi Zeulner die Dringlichkeit hervor, dass Regelungen für die Künstlerischen Therapien auch aus Gründen der Qualitätssicherung erforderlich seien. Sie kündigte eine fraktions- und parteiübergreifende Initiative hierzu an.
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