Den Traum von der eigenen Praxis realisieren

Damit der Start in die Selbständigkeit gelingen kann, braucht es eine dezidierte Vorbereitung und Planung. Sie benötigen ein klares Konzept für die angestrebte Berufspraxis und eine Kommunikations- und Marketingstrategie für Ihr Angebot unter möglichst gründlicher Betrachtung der regionalen Standortfaktoren, das Sie auch für die Finanzierungsanfragen bei Kreditinstituten benötigen.

Für den Aufbau einer eigenen Vollerwerbspraxis sollten mindestens 2 Jahre eingeplant werden. In diesem Zeitraum lässt sich in der Regel ein solider Kundenstamm aufgebaut werden. Zumindest am Anfang der Selbständigkeit muss mit sehr unregelmäßigen Einkünften gerechnet werden. Saisonale Bedingungen, wie z.B. Schulferien, können ein Grund dafür sein. Es empfiehlt sich, gute Kontakte zu den Kostenträgern aufzubauen und zu pflegen, um u.a. auch einen Einblick in die regionale Bedarfssituation zu bekommen. Widmen Sie ihrem Internetauftritt viel Aufmerksamkeit, er ist Ihre Visitenkarte und nicht selten kommt der Erstkontakt über die Webseite zustande.

Parallel zum Aufbau einer eigenen Praxis wird eine Tätigkeit mit gesichertem Einkommen, beispielsweise einem Anstellungsverhältnis in einer Klinik, empfohlen. Damit lassen sich die anfänglich noch nicht kontinuierlichen fließenden Einnahmen der Praxis abpuffern. Auch eine Zusammenarbeit mit einer Einrichtung auf Honorarbasis, deren Patienten später eventuell in der eigenen Praxis behandelt werden können, kann sehr hilfreich sein.

DMtG-Empfehlungen zur Einrichtung einer musiktherapeutischen Praxis

Unsere Empfehlungen zur Ausübung einer ambulanten Tätigkeit als MusiktherapeutIn gelten für Mitglieder der DMtG und gründen sich auf gesetzliche Vorgaben. Sie befinden sich im Spannungsfeld zwischen Mindest- und Optimalbedingungen und bedürfen der Anpassung an das jeweilige musiktherapeutische Behandlungskonzept.

Zur ambulanten Ausübung von Musiktherapie als einer nichtärztlichen Heilkunde bedarf es der Approbation nach dem Psychotherapeutengesetz (PsychThG) oder der Erlaubnis nach § 1 des Heilpraktikergesetzes (HPG). Bei letzterer handelt es sich um die sog. eingeschränkte, d.h. ausschließlich auf Psychotherapie bezogene Heilpraktikererlaubnis, die beim örtlich zuständigen Gesundheits- oder Ordnungsamt – je nach Gemeinde oder Bundesland verschieden – zu beantragen ist. Lesen Sie dazu auch unsere Info-Broschüre „Berufsständische Beratung 1“.

Zur professionellen Ausübung von Musiktherapie gehören: ein eigener, akustisch möglichst abgeschirmter Therapieraum, ein Büroraum, der vom Therapieraum getrennt sein sollte, und möglichst ein Wartebereich. Die gesetzlichen Vorgaben bezüglich Größe des Therapieraumes, Toiletten und Parkplätze sind beim zuständigen Ordnungsamt oder auch der Baubehörde zu erfragen.
Zur Ausstattung des Musiktherapieraumes gehören neben dem Mobiliar (Sitzmöbel und Regale) im Bereich der aktiven Musiktherapie Instrumente in möglichst breiter Palette, deren Anzahl und Zusammenstellung in einem Bezug zur Klientel und dem jeweiligen Therapiekonzept steht. Für die musiktherapeutische Reflexion, Dokumentation und Evaluation sollte in der Regel eine technische Ausstattung zur akustischen und optischen Aufnahme der Sitzungen, eventuell auch Mikrofon vorhanden sein. Für die Grundausstattung sind erfahrungsgemäß zunächst etwa 10.000 € zu veranschlagen.
Zur Anwendung rezeptiver Musiktherapie und GIM werden bequeme Sitz- oder Liegemöbel, eine HiFi-Anlage und eine größere Auswahl von Musikstücken auf Tonträgern oder über Streamingdienste und/oder Musikinstrumente benötigt.
Die Möglichkeit, dass PatientInnen sich mit weiteren kreativen Medien ausdrücken (Malen, Tonarbeiten, Tanzen o.ä.), sollte je nach Kompetenz des Musiktherapeuten geschaffen werden. Das Büro sollte mit verschließbaren Büroschränken zur Aufbewahrung von Akten, einem Schreibplatz und einem Telefon (inkl. Anrufbeantworter) ausgestattet sein. Die Erstellung von Verlaufs- und Abschlussberichten muss möglich sein.

„Musiktherapie“ ist eine summarische Bezeichnung für unterschiedliche musiktherapeutische Konzeptionen, die ihrem Wesen nach als psychotherapeutische zu charakterisieren sind (Vgl. Kasseler Thesen zur Musiktherapie“). Sie wird approbierten oder nach HPG zugelassenen MusiktherapeutInnen ausgeübt. Die DMtG empfiehlt die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Fachärzten, anderen PsychotherapeutInnen, Kliniken und Komplementäreinrichtungen, BerufskollegInnen und die Kontaktpflege zu Kostenträgern.

MusiktherapeutInnen arbeiten auf der Grundlage eines Behandlungsvertrages (Kontrakt) mit dem Patienten/der Patientin. In diesem sind die Art der musiktherapeutischen Methode, das Setting und die finanziellen Bedingungen geregelt, und es werden Aussagen zum Umfang und zur mutmaßlichen Dauer der Behandlung getroffen. Die DMtG empfiehlt hierzu die Schriftform. MusiktherapeutInnen haben über alle persönlichen Daten der PatientInnen Verschwiegenheit zu wahren, es sei denn, dass sie von der Schweigepflicht befreit werden – etwa bei Kostenübernahmeanträgen oder Gutachten. Generell gilt für die Berufsausübung der Ethik-Kodex der DMtG in seiner jeweils aktuellen Fassung.

In die Arbeitszeit der MusiktherapeutInnen gehören neben der Durchführung von Therapien folgende therapiebegleitende Tätigkeiten:

  • Vorbereitung und Planung von Therapiesitzungen (inkl. Stimmen der Instrumente)
  • Audio- und Videoanalysen von Therapiesitzungen
  • Verlaufs- und Abschlussberichte
  • Gutachten und/oder Kostenerstattungsanträge
  • Buchhaltung, Rechnungswesen
  • Fortbildung und Supervision
  • Mitgliedschaft und Mitarbeit in der Fachgesellschaft
  • Beteiligung an regionalen Arbeitstreffen
  • Teilnahme an Forschungsprojekten

Das Verhältnis von therapeutischen und therapiebegleitenden Tätigkeiten sollte individuell angepasst sein.

Anträge auf Erstattung der Therapiekosten werden von gesetzlichen Krankenkassen wegen der fehlenden Anerkennung der Musiktherapie als wissenschaftliches Verfahren im ambulanten Setting in der Regel abgelehnt, bei Privatkrankenkassen ist die Chance größer.
Eine Kostenerstattung im Rahmen der gesetzlichen Eingliederungshilfe kann möglich sein. Hierfür sollten Kenntnisse der entsprechenden Gesetzgebung (insbesondere SGB V, SGB VIII, SGB IX, SGB XII sowie regionale Verordnungen) vorhanden sein. Das Honorar ist frei verhandelbar. Angesichts der gesicherten Qualität der Berufsausübung durch das Qualitätssiegel „Zertifizierte Musiktherapeutin DMtG/Zertifizierter Musiktherapeut DMtG“ sollte das Honorar je nach Klientel und Ausrichtung zwischen 50€ und 70€ je Sitzung liegen. Dieser Betrag orientiert sich an entsprechenden Beträgen der Gebührenordnung für Heilpraktiker.
Im privaten Abrechnungsverfahren ist auch eine Orientierung an den ortsüblichen Honoraren für Psychotherapie ratsam. Die Höhe der Vergütung als freiberufliche Honorarkraft in einer Einrichtung sollte je nach individuellem Aufwand und Struktur der Honorarstelle geregelt werden.
Im Fall einer parallel laufenden unselbständigen Tätigkeit muss die selbständige musiktherapeutische Tätigkeit dem Arbeitgeber mitgeteilt werden. Die Therapieeinnahmen müssen gegenüber dem zuständigen Finanzamt im Zuge der persönlichen Einkommenssteuererklärung angegeben werden.

Es entstehen laufende Kosten, die steuerlich absetzbar sind, für:

  • Miet- und Mietnebenkosten. Bei angemieteten Räumen sollte bedacht werden, dass eine jährliche Mietsteigerung rechtlich möglich ist, und dass für gewerblich genutzte Räume besondere Bestimmungen gelten.
  • Instrumentenversicherung / Berufshaftpflichtversicherung
  • Speichermedien und CDs, ggf. Kosten für Streamingdienste
  • Ersatzmaterial für Instrumente (Saiten, Schlegel, Desinfektionsmittel für Flöten)
  • Klavierstimmungen (1 – 2mal jährlich)
  • Telekommunikation
  • Betrieb der eigenen Webseite (Hosting und Pflege)
  • Büromaterial
  • Reisekosten, die mit den Einnahmen aus der musiktherapeutischen Tätigkeit in Zusammenhang stehen
  • Sämtliche Werbungskosten

Zur (selbständigen) Ausübung der Heilkunde ist mindestens eine eingeschränkte Heilerlaubnis erforderlich. Diese kann durch Überprüfung nach §1 HPG erteilt werden. Oder sie ist nachgewiesen durch die Approbation als Arzt, (psychologische/r) PsychotherapeutIn oder Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutIn. Nur wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, entsteht eine Befreiung heilkundlicher Leistungen von der Umsatzsteuerpflicht, da diese Berufe zu den in §4, Nr. 14 UStG genannten Katalogberufen gehören. In allen anderen Fällen ist die erbrachte Leistung umsatzsteuerpflichtig! Eine Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht ist durch vorherigen Antrag an das Finanzamt möglich, wenn die Umsätze eine bestimmte Höchstgrenze (aktuelle Zahlen bitte beim Finanzamt erfragen) nicht überschreiten.

Auch im Fall einer nebenberuflichen freiberuflichen Tätigkeit empfiehlt die DMtG dringend den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung. Die DMtG bietet allen Mitgliedern einen günstigen Gruppenvertrag an. Lesen Sie dazu auch den separaten Menüpunkt Versicherungen (Link). Die Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit müssen gegenüber der eigenen Krankenkasse angegeben werden. Ob daraus – auch bei geringen Einnahmen – eine Pflichtversicherung entsteht, sollte unbedingt mit der eigenen Krankenkasse und dem örtlichen Rentenversicherungsträger besprochen werden.

Staatliche Hilfen werden vor allem für ExistenzgründerInnen und nach vorangehender Ar-beitslosigkeit angeboten. Es stehen sowohl Existenzgründungsdarlehen, als auch vor allem umfangreiche und sachgerechte Beratungen bei Arbeitsämtern, Industrie- und Handelskammern und Banken zur Verfügung. Die DMtG empfiehlt dringend, sich dort vor der Gründung einer musiktherapeutischen Praxis umfassend zu informieren und dabei die regionalen Beratungsangebote und Förderprogramme zu prüfen.

Die DMtG bietet in loser Folge Fortbildungen für den Start in die Selbständigkeit an. In diesen eintägigen Intensivseminaren unter Leitung von Christoph Salje, Mitglied des berufsständischen Beirates, werden die wichtigsten Fragen rund um die Selbständigkeit besprochen. Nach Meinung der bisherigen Teilnehmer ist das Angebot sehr geeignet, die verschiedenen juristischen, steuerrechtlichen und den Datenschutz betreffenden Hürden zu nehmen. Termine finden Sie im Veranstaltungskalender.

Lesen Sie in jedem Fall auch unsere Informationsbroschüre „Berufsständische Beratung 3“ zu allen Fragen rund um die Selbständigkeit.

Die EMTC hat kürzlich Richtlinien zur Online-Musiktherapie veröffentlicht, die Sie hier oder auf der EMTC-Webseite nachlesen können.

Literaturempfehlung

Berufs- und Leistungsrecht für künstlerische Therapien

Flach, Stefan M. (2008), Reichert-Verlag

ISBN (978-3-497-01980-9) kt
€ [D] 24,90 / € [A] 25,60 / SFr 42,70
Wer künstlerisch-therapeutisch tätig ist, muss sich mit zahlreichen rechtlichen Fragen auseinandersetzen. Und das ist nicht so einfach: künstlerische Therapien haben sich zwar als eigenständige Verfahren bewährt, sind jedoch berufs- und leistungsrechtlich weitgehend (noch) nicht abgesichert. Dieses Buch führt Leserinnen und Leser sicher durch den Paragraphendschungel. Anhand zahlreicher Praxisbeispiele geht der Autor Fragen des Berufsrechts nach, interpretiert sie für künstlerische Therapieverfahren und zeigt, wie sich sozialrechtliche Normen für stationäre und ambulante Krankenhilfe, Rehabilitations- und Fördermaßnahmen anwenden lassen. Anschauliche Erläuterungen zum Umgang mit Rechtsnormen für Nicht-Juristen, beispielhafte Falldarstellungen und Musterlösungen schaffen so die Grundlage zum Transfer ins eigene Praxisfeld.